Strukturvertriebsopfer sind kein Einzelfall: Ein brandaktuelles Beispiel aus dieser Woche

Kurz vorweg: Als ich selbst das erste Mal mit einem Strukturvertriebler (in dem Fall ein AWDler, heute "Swiss Life Select") zu tun bekam, zog dieser mich im Gespräch rhetorisch "auf links". Das ist jetzt über zehn Jahre her, ich war fachlich gut ausgebildet, konnte ihm aber "verkäuferisch" nicht die Stirn bieten. Kurz nach dem Gespräch war ich selbst verblüfft darüber, wie einfach ich zu manipulieren und wie leicht Fakten zu verdrehen waren. Eine Erfahrung, die bitter schmeckt.

Nach etwas Recherche wurde mir klar, wie er es geschafft hatte: Durch simple Lügen und Halbwahrheiten. Und durch gut trainierte Floskeln. Ich habe mich seit damals intensiv mit Manipulationstechniken und Verkäufertricks auseinandergesetzt (auch hier im Blog zu lesen), damit mir so etwas nie wieder passiert.

Der ganz normale Mensch da draußen hat selten eine derartige "Immunisierung" hinter sich. Ich glaube, dass das, was meiner ehemaligen Kundin passiert ist, fast jedem passieren kann. Damit es dir nicht passiert, schreibe ich heute darüber. :)

Ein Hilferuf nach zwei Monaten

Vor einer Woche schrieb mich eine liebe Ex-Kundin an und bat um Hilfe. 
Nennen wir sie der Einfachheit halber Miriam. 

Miriam hatte im letzten Jahr geheiratet und bei der Zusammenlegung der Versicherungen richtete sie sich nach ihrem frisch gebackenen Mann - und der wollte gerne, daß sein "Berater" sich zukünftig um alle Versicherungsangelegenheiten kümmert. Schade, aber mir besten Wünschen für die Zukunft gingen wir unserer Wege.

Letzte Woche kam dann erst Miriams Hilferuf per Mail und danach viele, viele Whatsapp-Messages (die ihr hier auf Wunsch von Miriam nur ausschnittsweise findet). 

Sie fühlte sich nicht wohl mit den Änderungen, die der "Versicherungsberater" vorgenommen hatte und sie hatte komplett den Überblick verloren. Miriam wusste nicht wohin mit ihren Zweifeln - und ihr Ehegatte sah die Dinge komplett anders - schließlich war der "Versicherungsberater" seine Empfehlung gewesen. 

Von der Schwierigkeit, eine Fehlentscheidung neu zu überdenken

Wenn man jemandem eventuell jahrelang vertraut hat, fällt es schwer, die Dinge neu zu überdenken. Selbst, wenn die Sachverhalte für Dritte klar auf der Hand liegen. Und der Druck, der innerhalb einer jungen Ehe durch solche Streitthemen (eigentlich geht es nur um Geld...) aufgebaut wird, ist auch nicht zu unterschätzen.

Nach der ersten E-Mail sandte mir Miriam diverse Fotos von neu abgeschlossenen Verträgen zur Übersicht zu. Mein erster Blick galt den Vermittler-Kontaktdaten: "DVAG - Deutsche Vermögensberatung". 

(Sobald ich ein Kürzel der bekannten Strukturvertriebe (DVAG, AWD (heute: SwissLifeSelect), MLP, OVB...) oder unserer regionalen Strukturvertriebe sehen, "gehe ich steil". Ich habe in den vergangenen Jahren nicht einen einzigen kennen gelernt, der auf Dauer ordentlich beraten hätte. Aber Beherrschung. Soweit, so gut. Es gibt bestimmt auch weiße Schafe in der schwarzen Herde...)

Erst einmal die Gretchenfrage stellen: Hast du bestehende Verträge gekündigt, um die neuen abschließen zu können? Und die Antwort: "Ja."


Und an diesem Punkt ist für mich der Ofen aus. Nicht bezüglich Miriam - ihr helfe ich gerne weiter. Aber für den "Finanzberater". Ich möchte ihn vor Gericht sehen. Mit Berufsverbot. Am liebsten auch noch öffentlich am Pranger. Ich würde gerne faule Eier schmeissen und altes Obst. 

Miriam hatte nämlich noch Vorsorgeverträge und eine günstige Berufsunfähigkeitsversicherung bei Mitbewerbern gehabt. Die Abschlußkosten waren bezahlt, die Garantiezinsen hoch und die Auszahlung steuerfrei. Es waren gute Verträge, die wir nie angetastet haben, weil das in meinen Augen Betrug gewesen wäre.

Es gibt allerdings "Finanzberater", deren Geschäftsmodell funktioniert so: Altverträge "prüfen", für schlecht befinden, neue Verträge abschließen. Und im Vorsorgebereich heißt das für den Kunden: Neue Abschlußkosten, geringere Verzinsungen, keine Steuerfreiheit mehr. Nicht, daß der "Berater" das so sagen würde...


Der psychische Druck ist nicht zu unterschätzen


Miriam ist verzweifelt. Ihr frisch gebackener Mann versteht den Aufstand nicht. Der "Berater" war gestern nochmal da und hat sie rundum "eingelullt". Aber das Mißtrauen ist (glücklicherweise) groß genug, denn heute morgen war sie wieder klar und wir haben für kommende Woche einen Termin gemacht. Schadenbegrenzung betreiben. Ich befürchte, um ganz schadlos aus den Verträgen zu kommen, ist es zu spät. Jedenfalls nicht ohne Anwalt.



Zu dem Thema Schadenersatz und Beweislast des Beraters habe ich vor zwei Wochen hier gebloggt und ein Video dazu findet ihr hier. Nutzt eure Rechte. Lasst diese A**** nicht davonkommen. Sie brauchen euch nicht leid zu tun. Die sind mit allen Wassern gewaschen.


Miriam hat mir diese Woche eine andere Seite des Debakels dieser provisionsgeilen Vertriebsstrukturen gezeigt: Die emotionale Seite. Den Streß, in der Situation zu stecken und glauben zu wollen, daß alles ok ist - um des lieben Friedens willen. Miriam hat ein "dünnes Nervenkostüm". Auf den ersten Blick. 

Aber: Sie ist - zumindest bis jetzt - am Ball geblieben und hat sich nicht "einlullen" lassen. Das erfordert Stärke. Die Stärke, Entscheidungen zu überdenken und auch gegen das nächste Umfeld durchzusetzen. Zum Besten der Beteiligten. Ich finde Miriam stark.

Aber kommende Woche werde ich sehen, ob der Termin tatsächlich statt findet und was daraus wird.

Die Reaktion eines schwarzen Schafs


Wie abgebrüht diese Sorte von "Beratern" ist, durfte ich vor ein paar Jahren bei einem alten Schulkameraden erleben, der mich kontaktierte, weil er sich unsicher war, ob sein Berater alles richtig macht. (Nennen wir ihn Matthias)

(Übrigens war dieser Berater ebenfalls ein DVAGler... Hatte ich erwähnt, daß bei dem Urteil des Bundesgerichtshofs bezüglich der Beweislastumkehr ebenfalls ein DVAGler der Beklagte war? Ach - da ist sicher keine Strategie zu erkennen, das sind bestimmt bedauerliche Einzelfälle... ;) ) 

Matthias und ich hatten uns Jahre lang nicht gesehen , aber wir leben in einer Kleinstadt, unsere Eltern kennen sich und da war ich ein naheliegender Gesprächpartner. 

Matthias kam es irgendwie seltsam vor, daß der "Berater" alle Jahre wieder kam und neue, "bessere" Vorsorgeprodukte in der Tasche hatte. Inzwischen quollen die Ordner vor beitragsfreien Vorsorgeverträgen über. 

Klar nachzuweisen war, daß sich die Qualität der Verträge mehr und mehr verschlechterte - und daß dieses A**** immer kurz nach seiner Provisionshaftungszeit (seine Abschlußprovision war "verdient", in den ersten Jahren muß man bei Storno zurückzahlen) auftauchte, um die Verträge "neu zu ordnen" - und Matthias und seiner Familie neue Kosten aufzubürden um sich die Taschen voll zu machen.

Die Reaktion des "Beraters"? Keine Entschuldigung. Keine Gegenargumentation, warum die Umstellung der Verträge sinnvoll gewesen wäre. Keine Fakten. Er wählte die manipulativ einzig "richtige" Waffe: Emotionaler Frontalangriff. Er rief an und dieser miese, egozentrische Vollpfosten sagte zu Matthias: "Ich bin menschlich tief von dir enttäuscht, weil du mir nicht mehr vertraust."

Nochmal: Der Vermittler, der die Menschen, die ihm vertrauten, betrogen und sie in den letzten Jahren tausende Euros gekostet hatte, sagt zum betrogenen Kunden: "Ich bin menschlich tief enttäuscht von dir."

Diese Sorte Mensch ist das


Und auf der anderen Seite stehen Menschen, die Vertrauen möchten. Orientierung suchen. Die sich denken: "Ich habe ihm jahrelang vertraut. Ich kann doch nicht so verkehrt liegen. Es gibt bestimmt eine Erklärung..." 

Menschen, die sich nicht vorstellen können, daß jemand ihnen glatt ins Gesicht lügt und nach dem freundlichen Gespräch grinsend im Auto sitzt und denkt: "Was für naive Idioten.". 


Genauso "naiv" war ich damals bei meinem eingangs geschilderten Erlebnis mit dem "AWD-Berater". Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ein Mensch so sein kann.

Matthias hat damals übrigens den DVAGler zur Hölle geschickt. Ich hoffe für Miriam, daß sie das auch schafft. Aber davon nächste Woche mehr.


Kommt euch das bekannt vor? Seid ihr unsicher ob bei euch alles ok ist? Meldet euch. Wir unterstützen euch und prüfen eure Verträge. Was wir davon haben? Vielleicht euch als neue Kunden. Aber in jedem Fall: Genugtuung. :)

Hier noch zwei interessante Links:

Viele Grüße & ein schönes Wochenende,

Euer Mark
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