ENDLICH! Beweislastumkehr zu Gunsten des Kunden bei Lebensversicherungs-Umdeckung

Der Bundesgerichtshof schaut scharf hin:
Die Beweislast bei Kündigungen von Altverträgen von
Lebens- und Rentenversicherungen liegt beim Vermittler.

(Vorweg: Falls du eher lesefaul bist, findest du hier das Video zum Thema.)


Ich habe "Pippi" in den Augen vor Freude und eine Hoffnung, dass das Urteil des Bundesgerichtshofes von Ende 2014 große Wellen schlägt... Aber von vorne:

Betrug am Kunden: Aus alt und gut mach schlecht und neu


Eines der schlimmsten Dinge, die ein Vermittler einem Kunden antun kann,
ist es, alte Lebens- oder Rentenversicherungen zu kündigen und diese dann neu abzuschließen. In den letzten Jahren wurden Neuverträge mit immer schlechteren Garantien ausgestattet und seit 2005 gibt es auch keine Steuerfreiheit mehr.

Für den Kunden hat eine Kündigung und ein Neuabschluß gravierende Nachteile:
  1. Niedrigere Garantieverzinsung
  2. Eventuell Verlust eines steuerfreien Vertrages
  3. Höhere Prämien wegen höherem Eintrittsalter
  4. Neue Abschlußkosten
Es gibt Vertriebe, die genau davon leben, alte Verträge "platt zu machen" und schlechtere, neue Verträge abzuschließen. 

In einem Fall, der mir vor ein paar Jahren untergekommen ist, kam der Vertreter sogar regelmäßig nach Ablauf seiner Provisionshaftungszeit (je nach Laufzeit der Verträge muss der Vertreter in den ersten Jahren die erhaltenen Provisionen zumindest anteilig zurückzahlen), kündigte die von ihm selbst abgeschlossenen Verträge und schloss "bessere" neu ab. 
Bis den Kunden das seltsam vorkam und Sie aufgrund einer Empfehlung bei mir anriefen und um Überprüfung baten. Dass dieser Mitbewerber die Kunden nicht mehr berät, dürfte klar sein - nichtsdestotrotz kostete sein betrügerisches Verhalten die Familie Tausende Euros. Leider wollten die Kunden damals nicht den Klageweg beschreiten - zumal die Rechtslage anders aussah.

Witzigerweise handelte es sich bei diesem "Vermögensberater" auch um einen Vertreter des im folgenden beklagten Vertriebes. Kann das Zufall sein?


Beweislastumkehr: Der Vermittler muss nun Aufklärung des Kunden beweisen


Genau so ein Fall landete nun vor Gericht, das Landgericht sah die beweislast (wie bisher üblich) beim Kunden, wies die Klage ab, der Kunde klagte weiter und der BGH stellte klar:
"Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr nach sich ziehen (Senatsurteil vom 25. September 2014 aaO mwN; s. auch BT-Drucks. 16/1935 S. 26). Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liegt vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekommt; hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Entscheidung des Näheren zu überprüfen und den ihm sonst kaum möglichen Nachweis über den Inhalt der Beratung zu führen. Wird ihm diese Nachweismöglichkeit durch das Fehlen einer Dokumentation abgeschnitten, so hat dies zu seinen Gunsten Auswirkungen auf die Verteilung der Beweislast. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung - wie er auch hier in Rede steht - nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist (vgl. OLG München, VersR 2012, 1292, 1293; OLG Saarbrücken, VersR 2011, 1441, 1443 und VersR 2010, 1181, 1182; MünchKommVVG/Reiff, § 63 Rn. 49). Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so ist zugunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der betreffende Hinweis nicht erteilt worden ist, der Versicherungsvermittler mithin pflichtwidrig gehandelt hat."
Das gesamte Protokoll findet ihr hier: http://openjur.de/u/751174.html

Das Urteil im Klartext


Der Vermittler hat seine Beratung je nach Umfang der zu vermittelnden Versicherung zu dokumentieren. Bei Lebens- und Rentenversicherungen kann immer von einer umfassenden Pflicht ausgegangen werden. Ist der Kunde tatsächlich auf die Nachteile aufmerksam gemacht worden, ist dieses schriftlich zu fixieren. Gibt es kein Protokoll zur Beratung, geht das Gericht davon aus, dass keine Aufklärung statt gefunden hat.

Liebe Strukturvertriebe , liebe nicht vernünftig und fair beratenden Mitbewerber: Habt ihr die Glocke gehört, die das Ende eures "Geschäftsmodells" einläutet? 

Liebe Mitbürger da draußen: Wenn ihr eine Lebens- oder Rentenversicherung kündigt, passt auf, was ihr unterschreibt - nicht dass euch so ein Protokoll einfach mit "untergejubelt" wird!

Ich freue mich, dass der Gesetzgeber ENDLICH durchgreift und es würde mich freuen, wenn dieses richtungsweisende Urteil den Markt grundlegend verändert.


Habt ihr einen ähnlichen Fall selbst erlebt und seid euch unsicher, ob da alles "sauber" ist - meldet euch, einen Termin könnt ihr hier buchen. Und falls ihr weiter weg wohnt - dank Internet und unserer Online-Beratung ist das auch kein Problem!

Viele Grüße,

Euer Mark
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