Reform der gesetzlichen Krankenversicherung 2015

Hallo zusammen,

manchmal wundert es mich, wie heimlich, still und leise an den Grundsätzlichkeiten unseres Sozialsystems gesägt wird. Zugegeben - die deutsche Krankenversicherung ist ein Hochleistungssystem und es ist in gewisser Weise "Jammern auf hohem Niveau". Aber was die Bundesregierung in dieser Woche beschlossen hat, müßte einen Sturm der Entrüstung auslösen.

Die paritätische Finanzierung in der Krankenversicherung ist "Geschichte"

Paritätische Finanzierung - das bedeutete: Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich den Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung 50:50.

Was in der Gesundheitsreform 2005 mit dem Zusatzbeitrag für Arbeitnehmer seinen Anfang nahm, ist nun für die Zukunft in Form gegossen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen den Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 2015 nicht mehr jeweils zur Hälfte.


Augenwischerei Beitragssenkung

Marketingmäßig gut aufgezogen liest man erstmal: 
  • Der Zusatzbeitrag von 0,9 % , den der Arbeitnehmer allein zu tragen hatte, fällt weg.
  • Es ergibt sich eine Beitragssenkung von 15,5 % auf 14,6 %
  • Viele Krankenkassen benötigen angeblich weniger als den bisherigen Zusatzbeitrag 
Allerdings überliest man sehr schnell die "Fußnoten" nachdem man sich bei "Beitragssenkung" und "Wegfall des Zusatzbeitrags" schon zufrieden einem anderen Artikel zugewandt hat. Denn dort stehen noch zwei, drei Dinge, bei denen sich den Betroffenen die Nackenhaare kräuseln müßten:
  • Der hälftige Arbeitgeberanteil wird für die Zukunft auf 7,3 % festgeschrieben.
  • Zukünftige Erhöhungen der Kassen sind daher von den Versicherten allein zu schultern.
  • Die Prognosen zur zukünftigen Entwicklung gehen bereits in 2017 von Zusatzbeiträgen zu Lasten der Arbeitnehmer in Höhe von ca. 1,5 % aus - und damit einem Beitragssatz von über 16 %. Und danach? Schätzungsweise 0,2 - 0,3 % Steigerung pro Jahr.
  • Prämienzahlungen gesetzlicher Krankenkassen werden ab 2015 abgeschafft.

Der Anfang vom Ende

Das Aufbrechen der gemeinsamen Finanzierung von Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite entlässt den Arbeitgeber aus den zukünftig mit Sicherheit steigenden Gesundheitskosten - und damit hat die Arbeitgeberseite kein Interesse mehr an der Diskussion um Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine starke Lobby, die in der Vergangenheit gemeinsam mit Arbeitnehmervertretern Beitragserhöhungen entgegenstand, fällt damit weg.

Und wenn diese Änderung erstmal in der gesetzlichen Krankenversicherung ohne großen Gegenwind installiert ist, dann werden wir das zukünftig auch in anderen Bereichen wiedersehen: Warum sollte der Arbeitgeber die Hälfte zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen? Warum die Hälfte zur Arbeitlosen- oder Pflegeversicherung? Ich höre schon das Politikergeschwätz: "In der gesetzlichen Krankenversicherung  machen wir´s doch auch so!"
Ich bin selbst Arbeitgeber. Und eigentlich könnte ich mich über die eingefrorenen Beitragsanteile ab 2015 freuen. Tue ich aber nicht. Ich habe eine soziale Verantwortung meinen Mitarbeitern gegenüber. Ich habe eine Verantwortung unserem Sozialsystem gegenüber. Auch, wenn Verantwortung zu übernehmen vielleicht etwas "aus der Mode gekommen" ist - das, was da in dieser Woche beschlossen worden ist, rüttelt an den Grundsätzlichkeiten des Sozialstaats und des Miteinanders von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Viele Grüße,

von euerem - heute etwas aufgebrachten - Mark
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