Die Top 5 der Verkäufertricks - Zweitens: Verknappung


Eben beim Bäcker - wie immer am Sonntag nachmittag ist das Café voll und der Tresen mit den Backwaren überlaufen. Da fällt mein Blick auf die letzten zwei Stücke einer herrlichen Philadelphia-Creme-Torte. Mir läuft sofort das Wasser im Mund zusammen. 
Das...will...ich...haben! Aber noch bin ich nicht an der Reihe... Die Damen hinter dem Tresen flitzen hin und her, mit einem Mal senkt sich der Tortenheber bedrohlich in Richtung Philadelphia-Creme-Torte und - da ist es passiert - nur noch ein allerletztes Stückchen wartet auf den hungrigen Käufer...
Von der Horrorvorstellung abgelenkt, daß dieses letzte Stückchen himmliche Creme-Torte nicht meins werden könnte, überhöre ich fast das "Der Nächste bitte", doch dann - im allerletzten Augenblick bevor die Dame neben mir zum Sprechen ansetzt, schaltet sich meine Wahrnehmung wieder ein und ich sage glücklich: "Das Stückchen Philadelphia-Torte hätte ich gerne!"
Und wie ich jetzt so gemütlich und genußvoll mein himlisches Tortenstück verspeist habe, fielen mir zwei Dinge ein:
  1. Du bist gerade auf das Knappheitsprinzip abgefahren ("Macht aber nichtss, war sehr lecker!")
  2. Du wolltest doch noch einen Blogbeitrag dazu verfassen ("Ups... Das Jahresschlußgeschäft...es ist so viel zu tun...")
Nach so einem herrlichen Tortenstück fällt das Schreiben auch leicht - also dann mal los...
,, Knappheit" - das klingt nach Hungertuch und Haushaltsdefizit...
...und eher
unpassend zum Thema Verkauf. Aber denkt nur mal an euren letzten Online- Einkauf - wahrscheinlich kennt ihr das hier:
  • Nur noch 3 Stück auf Lager...
  • Lieferung bis morgen bei Bestellung in dem nächsten 2 Stunden...
  • Nur noch heute: 20% auf Elektroartikel...
  • Heute letzte Chance...
In Wesentlichen versucht man den Kunden zum Kauf zu motivieren, indem man zwei Taktiken einzeln oder gemeinsam einsetzt:
  1. Taktik der kleinen Menge
  2. Fristentaktik
  3. Oder ein Mix aus beiden
In der Bank heißt es vielleicht: "Der Zinssatz gilt nur solange, wie das Sonderkontingent nicht ausgeschöpft ist."Bei der Versicherung - gerade im November/Dezember: "Sie müssen sich bis Jahresende entscheiden - sonst wird es wegen des neuen Eintrittsalters ab kommenden Jahres teurer!"

Das mag sogar in vielen Fällen stimmen (wie zum Beispiel das Thema höheres Eintrittsalter zum Jahreswechsel) - allerdings sollte man sich von solchen Argumenten nicht in seiner Entscheidung beeinträchtigen lassen, zu kaufen oder nicht zu kaufen.

Das ist allerdings leichter gesagt als getan - und das liegt, wie sollte es ander sein, an uns selbst.

Den Themen Verknappung und Fristentaktik sind weitreichende Studien gewidmet und sie sind im Verkauf hocheffektiv. Zwei Prinzipien sind fast schon in uns "angelegt", die unser Verhalten steuern:
  1. Die "Verlustaversion":

    Wir "ticken" tendenziell so, daß wir eine entgangene Chance als Verlust empfinden - und Verluste... die können wir ja gar nicht ausstehen.

    In langfristigen Studien haben findige Wissenschaftler nachgewiesen, daß der Verlust eines Geldbetrages die Menschen unglücklicher macht, als sie der Gewinn desselben Betrages glücklich macht - oder etwas weniger technisch ausgedrückt: Etwas zu verlieren ist viel schlimmer, als es schön ist, wenn man das gleiche bekommt.

    Und dieser Mechanismus wird im Verkauf gerne bemüht - "Wir haben hier ein tolles Angebot" ist ja ein "netter Ansatz" - aber "Lassen Sie sich diese Chance nicht entgehen!" wirkt um einiges besser. Das eine Mal kann man etwas gewinnen, das andere Mal verliert man (wenn auch nur "eine Chance"...).

  2. Reaktanz

    Verlust mögen wir also gar nicht - und das gilt auch für den Verlust von Freiheiten, insbesondere von Wahlfreiheit. Wir wollen uns entscheiden können, wir möchten die Kontrolle haben.

    Und damit sind wir zurück an der Kuchentheke. Ich habe die freie Auswahl aus einer Vielzahl von Kuchenstückchen. Aber da fällt mein Blick auf die letzten Stückchen der Torte und mir wird klar - die will ich haben. Als dann auch noch das zweite Stückchen auf dem Teller eines anderen Kunden verschwunden ist, erscheint mir dieses letzte übriggebliebene Stückchen Philadelphia-Creme-Torte als das einzig wirklich leckere Stück Kuchen in der - durchaus gut gefüllten - Theke.

    Nun - manchmal ist das eben so. Aber diese manschliche Funktion kann man auch aktiv in Verkaufsgesprächen einsetzen...
Zwei Beispiele im Verkauf von Finanzdienstleistungen haben wir oben schon genannt. Aber die "Tricks" (die nicht zwingend "Tricks" sein müssen - wie gesagt, kann es ja auch einfach der Wahrheit entsprechen) hier noch einmal in der Zusammenfasssung:
  • "Das befristete Angebot" - Der Verkäufer kann die versprochenen Preise, Prämien oder Konditionen nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt halten... sagt er zumindest.
  • "Nur noch wenige Stück auf Lager" - Mein Stück Torte zum Beispiel. Oder die Geldanlage die nur verfügbar ist, bis genug Geld eingesammelt ist. Oder das Darlehens-Sonderkontingent, das du nur bekommst, wenn du am besten gestern unterschrieben hättest. Oder der Rabatt auf eine Versicherung, die nur gilt, wenn du auch noch bis Ende des Jahres abschließt...
  • Natürlich ist auch jede Kombination denkbar. "Wir halten uns an das Angebot gebunden, bis wir 200 Millionen Euro eingesammelt haben - spätestens aber bis zum Ende dieses Kalendermonats..." 

Tipp: Vorsicht vor diesem kleinen "Wirkungsverstärker", der auch zum Thema "Knappheit" gehört...

"Psst - geheim" - Den Wert einer Information kann man erhöhen, indem man ihre Verfügbarkeit "verknappt". 
Wenn also jemand eine Kaufentscheidung treffen soll und man sagt ihm: "Sie sollten den Sparvertrag miit garantierten Zinsen kurzfristig abschließen - die Europäische Zentralbank hat heute morgen verkündet, daß die Zinsen weiter gesenkt werden!" Dann ist das eine mögliche Anprache-Variante. 
Viel besser wirkt aber: "Unter uns gesagt: Sie sollten kurzfristig abschließen - ich habe heute morgen mit einem Kollegen aus Frankfurt gesprochen. Die EZB wird in der kommenden Woche die Zinsen weiter senken. Aber das ist noch nicht offiziell... In einem internen Meeting hieß es gestern, daß in diesem Fall auch unsere Konditionen für Neusparer gesenkt werden. Aber psst - das haben Sie nicht von mir."

Fazit:

Eigentlich dasselbe wie immer: Über Kaufeintscheidungen in aller Ruhe nachdenken. Aus der Situation rauskommen, sich in Ruhe Gedanken zu dem Thema machen, prüfen, ob die Frist oder Stückzahl tatsächlich stimmt und sich fragen, ob man auch kaufen würde, wenn es keinen zeitlichen oder mengenmäßigen Druck gibt.

Und: Wenn der "kleine Wirkungsverstärker - Psst - geheim..." dir unecht vorkam oder sich als unecht herausstellt - mach dich auf die Suche nach einem anderen Berater. Denn da versucht jemand, dich hochgradig zu manipulieren - vielleicht sogar "zu deinem Besten" hin. Aber in jedem Fall nicht auf Augenhöhe mit dir als Verbraucher und Kunde.

Wenn ihr euch noch mehr mit dem Thema "Manipulation" beschäftigen wollt, dann schaut euch mal dieses Buch von Robert Cialdini an: "Die Psychologie des Überzeugens". (Nein, das ist KEIN Affiliate-Link :-)) )

So, ich lasse jetzt den Kuchen auf dem Sofa sacken und koche mir jetzt erstmal noch einen leckeren Kaffee!

Schönen restlichen Sonntag euch da draußen,

euer Mark


Gute Beratung gibt´s bei uns. Selbstverständlich auch Online.


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